Besichtigung der Glaskathedrale in Amberg

Schon der Name „Glaskathedrale“ klingt interessant. Dies dachten sich 15 Frauen und Männer, die sich auf Einladung der KAB zur Besichtigung entschlossen.

Glaskathedrale – eine Kathedrale aus Glas? Nein, eine Kathedrale zur Glasherstellung, eine Kathedrale der Arbeit. Die Produktionsstätte der Kristall-Glasfabrik Amberg GmbH & Co. KG hat diesen inoffiziellen Namen auf Grund seiner Bauweise. Das Glaswerk befindet sich heute im Besitz der Firma F. X. Nachtmann Bleikristallwerke aus Neustadt an der Waldnaab. Hier werden im Auftrag der Firma Riedel maschinell Trinkgläser im 4-Schicht-Betrieb an 365 Tagen des Jahres hergestellt, da das Glas im Schmelzofen immer auf über 1300 Grad erhitzt sein muss, um es verarbeiten zu können. Statt der ursprünglichen vier Schmelzöfen für die Glasbläser und deren Mitarbeitenden gibt es nur noch eine riesige Misch- und Ofeneinheit und nur noch eine Kühlstraße. Große Teile der Halle dienen als Lager. Leitplanken sind angebracht, um die Glaswände vor den rangierenden Gabelstaplern zu schützen, sowie Wellbleche in einigen Gängen.

Philip Rosenthal erwarb das damalige Staatliche Glaswerk Amberg, auch als Elisabethhütte bekannt, im Stadtteil Bergsteig. Im Jahr 1967 beauftragte er den international tätigen Architekten Walter Gropius, den Leiter des bekannten Bauhauses, mit der Planung und Konstruktion des Glaswerkes.

„Der Arbeit Paläste errichten“ – unter diesem Blickwinkel entwarf er alle Fabrikbauten. So auch die Glasfabrik in Amberg. Sein letzter Bau, deren Fertigstellung er 1970 nicht mehr erlebte. Neben den Erfordernissen für den Herstellungsprozess plante er auch an der Verbesserung von Arbeitsbedingungen. Die Form folgt der Funktion.

Das Ergebnis: In einer grünen Talsenke am Rande der Stadt steht die Schmelzofenhalle mit einem 100 Meter langem Beton-Giebeldach, das an die Form eines Mittelschiffes einer Basilika erinnert. In moderner Bauweise der Zeit entsteht der Bau aus vorgefertigten Betonbauteilen. Dazu seitlich angebunden werden Flachbauten für Kühlstraßen, Endverarbeitung und Lagerhallen.

Durch die Anpassung an die aktuellen Erfordernisse werden verschiedene Umbauten erforderlich. Heute kann man nicht mehr überall ungehindert ins Freie treten, statt der Drehtüren gibt es jetzt Flügeltüren. Der Betonbau selbst ist gut erhalten.

 

Das Glaswerk ist eines der jüngsten Baudenkmäler Bayerns und das einzige Bauwerk von Walter Gropius in der Oberpfalz. Unbedingt eine Besichtigung wert, findet die KAB.

 

Zitat von Walter Gropius:

„Der Arbeit müssen Paläste errichtet werden, die dem Fabrikarbeiter, dem Sklaven der modernen Industriearbeit, nicht nur Licht, Luft und Reinlichkeit geben, sondern ihn noch spüren lassen von der Würde der gemeinsamen großen Idee, die das Ganze treibt (…).“

 

Text und Bilder: Johanna Weigert / Andrea Bauer